Die Untaten der McDermotts Die Dunkelheit zog herauf und verschlang die Helle des Tages. Leise begann der Abendwind durch die Baumkronen zu rauschen, in denen das fröhliche Vogelgezwitscher allmählich erstarb. Dafür stimmte eine Nachteule ihr schauriges Lied an: krächzend, heiser vor Blutgier. Eine Feldmaus versuchte noch ihr Schlupfloch zu erreichen. Die Eule war schneller und schlug ihre Krallen in das weiche Fell der Maus, deren Todesschrei ungehört verhallte. Miß Laury störte nicht die hereinbrechende Nacht. Sie fror nicht einmal, trotz des kälter werdenden Windes, der von der Moray Firth Bucht herübergeweht kam. Seit sie vor sechs Wochen die Stellung in Cromarty, dem einzigen Ort an der Spitze von Black Isle, angenommen hatte, genoß sie die abendlichen Spaziergänge, von denen sie in London nur träumen konnte. Heute war es spät geworden, und sie lief schneller, vorbei an den Ruinen von Moray Castle, die als stumpfe Silhouetten, in den fast schwarzen Himmel ragten, überwuchert von Moos und Buschwerk. Einmal zuckte sie zusammen, lief langsamer und lauschte. Ein dumpfer Laut hatte sie erschreckt, als ob sich ein Stein. aus dem alten Gemäuer löste, getreten von menschlichen Füßen. Schrill lachte sie auf. Wer sollte sich schon an diesem unheimlichen Ort aufhalten? Dann kamen die Zweifel, und sie erinnerte sich daran, daß man in Cromarty gegen eine Mauer des Schweigens stieß, wenn die Rede auf Moray Castle kam. Die Menschen hatten Angst, doch niemand war bereit, darüber zu sprechen. Warum hatten alle Angst? Plötzlich spürte sie dieses Gefühl in sich aufkommen und begann schneller zu laufen.
|