Die Gefangenen der Saarbrücker Strafanstalt Lerchesflur arbeiteten routiniert. Sie hatten sich freiwillig gemeldet und im Laufe der Zeit Übung im Sortieren von Heftromanen und anderen Publikationen erworben. Auf die Titel und bunten Bilder achteten sie kaum. Dafür waren es zu viele. Sie wußten nur, daß die sortierten Druckerzeugnisse anschließend zu den Einzelhändlern gefahren wurden. Was sie also taten, waren die Vorbereitungen für die wöchentliche Auslieferung. Felix Kühn bildete in der Gruppe der hier beschäftigten Strafgefangenen keine Ausnahme. Bis er ein bestimmtes Heft in die Finger bekam. Felix Kühn stutzte. Oben links war ein grinsender Totenschädel abgebildet, dessen linke Seite von einem Spinnennetz zum großen Teil verdeckt wurde. Mitten im Netz lauerte eine fette Spinne. Rechts von der Abbildung schloß sich in großer Schrift an: Geister-Krimi. Auch das bekannte Zeichen des Martin Kelter Verlages fehlte nicht. Das alles war es nicht, was die Aufmerksamkeit von Felix Kühn erregte, sondern das darunter befindliche Bild: eine wunderschöne Frau, Mitte zwanzig, tief dekolletiertes Abendkleid. Sie hielt ein Reagenzglas gegen das Licht einer altmodischen Petroleumlampe und blickte hinein. Der Inhalt des Glases war ein etwa daumengroßer Mann, der tief bestürzt die durchsichtige Wand seines Gefängnisses abtastete. Alles in Felix Kühn wehrte sich dagegen, aber tief im Unterbewußtsein rührte sich eine Erinnerung. Es gelang ihm nicht, sie völlig zurückzudrängen. Je länger er die Abbildung betrachtete, desto stärker wurde, sie – bis sie schließlich seinen Verstand überflutete. Mit einem Male wußte er, wer auf diesem Bild dargestellt wurde: Joanna Silver, geborene Wyler, und David Marshal!
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