Am westlichen Horizont verabschiedete sich der Tag mit einem Streifen fahlgelben, unwirklichen Licht. Aus der dunklen tiefhängenden Wolkenwand züngelten erste Blitze. Fernes, dumpfes Grollen kündete ein nahendes Unwetter an. Es war noch immer schwül und drückend. Die Luft schien stillzustehen, trieb Schweißperlen auf Jubal Carberrys Stirn, der sie mit einer fahrigen Handbewegung wegwischte. Der Graf war zu sehr mit der Durchsicht alter Handschriften beschäftigt, um großes Augenmerk auf Wetter und Um gebung zu richten. So achtete er auch nicht auf das Bild seines Urahnen, dessen linke Rahmenecke sich zu bewegen begann und einen schmalen Sehschlitz freilegte. Und ein dunkles Auge funkelte boshaft und tückisch. Ein Geräusch ließ den Grafen zusammenfahren. Nervös nahm er die Brille ab und blickte sich in der Bibliothek um. »Geht es schon wieder los?« murmelte er. »Noch nie hat es so auf Eaglrock gespukt.« Der bloße Gedanke daran fuhr dem Grafen schon so ins Gebein, daß er vor Schreck den Aschenbecher vom Schreibtisch fegte. Als sich Graf Carberry bückte, hörte er es wieder, zuerst leise, dann mehr und mehr anschwellend – gurrende, verwirrende Klänge des Orients, gespielt auf einem fremdartigen Instrument. Die betörende Melodie lullte ihn völlig ein, machte seine Augen schwer – bis er sie plötzlich weit aufriß. Ein Stöhnen entrang sich seinem Mund. Vor den wandhohen Bücherregalen stand, wie aus dem Nichts kommend, eine Frau, teuflisch schön, mit einem verführerischen Lächeln auf den vollen Lippen. »Wie, wie kommen Sie hier herein?« fragte der Graf mit einer Stimme, die spröde und heiser klang.
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