In dem Korridor war es stockfinster und kalt. Ein abstoßender Geruch, in dem sich Fäulnis und Verwesung mischten, lag in der Luft. Dazu diese unheimliche Stille ... Jetzt fehlt nur noch das klappernde Knochengerüst, und der Horror-Effekt ist perfekt, dachte April Candy belustigt. Sie schüttelte ihr langes Blondhaar aus dem Gesicht und ging weiter. Sie hatte keine Angst. Schließlich war sie.kein verwöhntes Püppchen, das sich nur im Arm eines muskulösen Beschützers wohl fühlte. Sie hatte ihr Leben immer selbst fest in beide Hände genommen und Probleme angepackt. Das hatte schon ihr Beruf mit sich gebracht. Sie war bis vor drei Wochen Fotoreporterin beim Daily Chronicle gewesen. Die Einladung in dieses obskure Gemäuer zu dieser Geisterbeschwörung hatte sie eigentlich nur des zu erwartenden angenehmen Nervenkitzels wegen angenommen. Aus Langeweile. Minneapolis war eine entsetzlich eintönige Stadt. Der Gang machte einen scharfen Knick. Vorsichtig tastete sich April an der schroffen, feuchten Wand entlang. Verflixt, wann würde sie endlich den Raum erreichen, in dem die Seance stattfinden sollte? Der Alte, der sie eingelassen und die gesalzene Teilnahmegebühr im voraus kassiert hatte, war nicht besonders gesprächig gewesen. »Am Ende des Korridors ist die Gesellschaft«, hatte er in seinen weißen Rauschebart gemurmelt, und dann war sie für ihn nicht mehr existent gewesen. Er war theatralisch in eine Art Trance gefallen. Aber das gehört wahrscheinlich alles dazu, sagte sich April. Claudine Boncelieur bot ihren Gästen Nervenkitzel von der ersten bis zur letzten Sekunde. Vor ihr, in der Dunkelheit, war ein schabendes Geräusch gewesen! Ratten? Nein. Da vorn atmete jemand ...
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