November an der Seine. Ein neuer Tag kroch über die Dächer von Paris. Noch schlief die Stadt traumlos unter einer Nebelglocke. Graue Fassaden abseits der lichterflimmernden Boulevards, drohende Torbögen und dunkle Gassen im fahlen Licht des Morgens. Der Wind strich durch Steinschluchten, fing sich wimmernd in Kaminen und peitschte um Hausecken. Der Schein der Straßenlampen erstickte fast im Dunst, der die Konturen der Häuser auflöste und verhüllte. Warum habe ich kein Taxi genommen? dachte Lucienne Dantec. Sie hielt sich in der Mitte der holprigen Straße. Hohe Absätze klapperten über das Pflaster. Ängstliche Blicke suchten finstere Hauseingänge ab. Die Nerven streikten. Löste sich dort ein Schatten aus dem Gelbbraun einer Mietskaserne? War das noch das Echo der eigenen Schritte? Warum ließ sich kein Mensch blicken? Lucienne fröstelte, schaute sich immer wieder gehetzt um. Aber nichts rührte sich in der leeren Straße. Nur das Laub einer Efeuhecke raschelte. Ein Vogel piepste im Schlaf. Sein gequälter Ruf ließ Lucienne zusammenfahren.
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