Mindestens zum dreißigstenmal, seit der Zug London verlassen hatte, sah Brenda Weston vom »Mord im Puppentheater« auf, und jedesmal begegneten ihre Augen denen des Mannes, der ihr gegenüber saß. Mrs. Weston ärgerte sich. Es war irritierend, so unablässig beobachtet zu werden, und immer mit einem leichten, höhnischen Lächeln. Aber noch mehr störte es sie, daß sie sich dadurch beirren ließ. Brenda Weston wandte sich wieder ihrem Buch zu, fest entschlossen, sich auf den ermordeten Direktor des Marionettentheaters zu konzentrieren. Die Mordgeschichte, die Mrs. Weston las, war eine von den Storys, in denen sich sämtliche aufregenden Ereignisse in den ersten Seiten zusammenballen, um sich dann in endlosen Schlußfolgerungen fortzusetzen und schließlich mit einer pseudowissenschaftlichen Lösung zu enden. Ihr ohnehin nur oberflächliches Interesse war endgültig dahin. Einige Male hatte sie entscheidende Wendungen im Roman glatt überlesen. Allmählich wurde ihr bewußt, daß ihre Augen seitenlang Buchstaben für Buchstaben aufgenommen hatten, ohne das geringstevon ihrem Sinn ihrem Verstand mitzuteilen. Brenda Westons Gedanken beschäftigten sich nicht im entferntesten mit dem ermordeten Direktor. An die Oberfläche ihres Bewußtseins trat immer klarer das Gesicht des Mannes, der in der Ecke des Zugabteils saß. Ein merkwürdiges Gesicht, dachte Mrs. Weston. Wieso hatte sie sich in dieses Abteil gesetzt7 War er schon dagewesen, als sie hereinkam? Oder war er erst später zugestiegen? Seltsam, daß sie sich nicht daran erinnern konnte. Wieder blickte sie auf den Mann. Sein Anzug schien aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen und umschlotterte seine große, magere Gestalt. Alles an ihm wirkte verblichen und verschwommen. Sein Gesicht war so blaß wie das eines Toten. Es flößte Brenda Weston Furcht ein. Sie räusperte sich, rückte auf ihrer Sitzbank hin und her, hob den Kriminalroman vor ihre Augen und errichtete so eine Barriere zwischen sich und ihrem Gegenüber. Doch das war völlig sinnlos. Es war ihr, als erschien plötzlich sein Gesicht auf den Seiten ihres Buches.
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