Es war schon weit nach Mitternacht, als es an der Tür klopfte. Der alte Fischer und seine Frau bewohnten ein bescheidenes Haus auf der zu Hongkong gehörenden Insel Cheung Chau. Sie schauten sich gerade die Wiederholung einer Kung-Fu-Serie aus den Siebzigern an und wollten danach zu Bett gehen. Irritiert sah Tang Chau-Sang seine Frau an. Sie bekamen nie Besuch um diese Zeit. Wer konnte so spät noch etwas von ihnen wollen? »Vielleicht ist es Chin-Li?«, flüsterte Tso-Yin. Vor gut einem Jahr hatte ihre verloren geglaubte Tochter zu ihnen zurückgefunden. Es war ein Wunder, für das sie ihrer Schutzgöttin Tin Hau jeden Tag dankten. Doch Chin-Li besuchte sie nur sehr selten – und sie klopfte nie an die Vordertür. Es klopfte erneut. Drängender diesmal. »Ich sehe nach«, sagte Tang. Er stellte den Fernseher leiser und ging in den Vorraum. »Wer ist da?« »Bitte machen Sie auf!«, sagte eine weibliche Stimme. Sie klang gehetzt. »Was wollen Sie?« »Bitte, es ist lebenswichtig! Ich habe eine Nachricht für Chin-Li!«
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