Er, Dr. John Philby, hatte das verlorengegangene Geheimnis der Assynth Abbey wiederentdeckt. Nun hielt er alle Macht der Welt in den Händen. Als kleiner farbloser Tropfen lag sie in der flachen dicken Porzellanschale, die man in Labors benutzt, um Mischungen anzusetzen.
Der Tropfen war keine Mischung, er war ein Konzentrat: Er war der Schlüssel zum Tor in die Welt der Gespenster und Dämonen.
Philbys eisgraue Augen glitzerten. Sardonisches Lachen umspielte seine dünnen Lippen. Auffallend blaß war die weit hervorspringende Hakennase. Mitleidslos schaute er die Krankenschwester an, die mit geschlossenen Augen auf seinem Untersuchungstisch lag. Ihre weiße Haube, die das geheimnisumwitterte Schlangenzeichen der Abtei trug, war nach links gerutscht und hatte ihre dunklen Haare freigegeben. Die junge Krankenschwester atmete flach. Das gefiel Philby ausnehmend gut, da es ein Zeichen war, welche Macht er über diese Schwester besaß. Und gleich, wenn er ihr mit dem Tropfenheber einen Bruchteil des Tropfens aus der flachen Porzellanschale auf ihren Lippen verteilt hatte, war sie ihm für immer und ewig hörig.
Der Arzt mit den eisgrauen Augen beugte sich über sie. »Tiziana«, rief er sie halblaut an. »Schwester Tiziana?« Tiziana Melburn reagierte nicht. Zu tief lag sie in der Hypnose, um noch auf einen Zuruf anzusprechen.
Inzwischen hatte Dr. Philby die Hohlraumspitze des Tropfensaugers mit dem Konzentrat gefüllt. Er stellte die dicke Porzellanschale ab, ließ die Glasspitze über ihre Unterlippe gleiten und gleichzeitig etwas Flüssigkeit austreten. Sofort bildete sich auf der Lippe bläulicher Schaum. Es begann nach faulendem Holz zu riechen.
Triumph flammte in den Augen des Arztes auf.
Schaum und Geruch mußten zu sehen und zu riechen sein. So hatte es in der uralten Schrift gestanden.
Ihre Geheimnisse hatte er entschlüsselt und Satz für Satz auswendig gelernt. Ohne eine einzige Regung des Bedauerns hatte er dann zugesehen, wie Flammen diese kostbare Schrift auffraßen.
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